Das Beweisfoto Das Jahrhundertereignis

Zu jener Zeit aber verkündeten Sterndeuter, daß eine große Sonnenfinsternis über das Land kommen werde. Als die Einwohner dies hörten, gerieten sie in helle Aufregung und bekamen Angst, daß sie etwas verpassen könnten, denn es steht geschrieben, daß man Perlschnüre nicht vor die Säue werfen solle.
Daher verließen sie ihre Heimatstädte, um in jene Gegend zu reisen, von der geweissagt wurde, daß dort die Finsternis total sein würde. Und im Schutze ihrer Brillen harrten sie dort stundenlang der Dinge, die da kommen sollten.
Und siehe, als sich endlich der Schatten des Mondes über das Land legte, geschahen unglaubliche Wunder. Dunkelheit kam plötzlich über die Menschen und es wurde ihnen kalt. Manchen fehlten einfach die Worte, während Livereporter mit Superlativen nur so um sich warfen. Die Tiere des Feldes legten sich nieder (was sie ja sonst eher nicht tun). Der Eclipse-Chaser ward von einem Dämon besessen, ließ die erschreckten Reporter einfach allein und sagte, er müsse das jetzt erleben. Und die Menschenmassen applaudierten dem Mond für seine wunderbaren Taten. Der Schatten indes raste weiter und weiter und weckte in so manchem Menschen den inneren Drachen.
ER jedoch, der sich mit den Zweihundertzwölfen auf einen Hügel in die Einsamkeit zurückgezogen hatte, bekam von alledem nichts mit. Als es aber auch auf jenem Hügel zu dämmern begann, und ihn fröstelte, da warf er eine Decke über sich, und sprach zu ihnen: "Geht Euren Weg, solange ihr das Licht habt, damit Euch nicht die Finsternis überrascht. Wer in der Finsternis geht, weiß nicht, wohin er gerät".
Als sie aber diese Worte hörten, da kam eine Unruhe über die Menge, denn sie wußten beim besten Willen nicht, wohin sie nun gehen sollten. Und es geschah, daß die meisten seine Worte nicht annahmen und einfach blieben wo sie waren. Nur Martina, eine weise Frau aus seiner Heimatstadt, war tief bewegt von seiner Rede, und da dieser große Moment der Weltgeschichte sonst unweigerlich in Vergessenheit geraten wäre, machte sie davon kurzerhand ein Foto. Die, die es sahen, können es bezeugen, aber es hat ja außer den beiden leider niemand mitbekommen.



(Okay, okay, ich geb's ja zu, ich hatte mir von der SoFi auch einiges versprochen und habe am Tag vorher verzweifelt versucht, noch eine Schutzbrille zu bekommen. Und ich war auch einigermaßen enttäuscht, als sich kurz vor der Totalen die Wolkendecke endgültig schloß. Aber ich kann auch gut ohne leben, und die Liveberichterstattung im Fernsehen war ja wohl mehr als pervers!)